
Jüdisches Leben in Europa – vom Mittelalter bis heute
Bereits seit der Antike gibt es jüdisches Leben in Europa, doch vor allem im Mittelalter bildeten sich größere Gemeinden. Jüdinnen und Juden lebten in vielen Städten, oft als Händler, Handwerker, Ärzte oder Geldverleiher, da ihnen viele andere Berufe verboten waren. Sie standen meist unter dem Schutz von Königen oder Fürsten, mussten dafür aber hohe Sonderabgaben zahlen. Trotz dieser Schutzversprechen kam es immer wieder zu schweren Pogromen, Vertreibungen und Verfolgungen, oft ausgelöst durch religiöse Vorurteile, Neid oder in Krisenzeiten wie Pest oder Hungersnöten.
In der frühen Neuzeit wurden jüdische Gemeinden zunehmend an den Rand der Städte gedrängt oder in abgeschlossene Viertel – sogenannte Ghettos – gezwungen. Dennoch blühte das jüdische Gemeindeleben in dieser Zeit auf: Mit eigenen Schulen, Synagogen und sozialen Einrichtungen bewahrten viele Gemeinschaften ihre Traditionen und Religion und entwickelten ein reiches kulturelles Leben.
Erst im 19. Jahrhundert, mit den Ideen der Aufklärung, erhielten Jüdinnen und Juden in vielen Ländern Bürgerrechte. Sie konnten Berufe frei wählen, studieren und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Besonders in Deutschland trugen jüdische Bürgerinnen und Bürger viel zum kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt bei.
Doch mit dem Erstarken des Antisemitismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts und vor allem durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die systematische Ausgrenzung, Verfolgung und schließlich Ermordung der europäischen Juden. Der Holocaust zerstörte einen Großteil des jüdischen Lebens in Europa. Millionen Menschen wurden ermordet, unzählige Gemeinden ausgelöscht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war jüdisches Leben in vielen Teilen Europas fast verschwunden. Erst in den letzten Jahrzehnten haben sich neue Gemeinden gegründet, Synagogen wurden wieder aufgebaut und jüdische Kultur kehrt sichtbar zurück – auch durch Zuwanderung, etwa aus Osteuropa.
Heute ist jüdisches Leben in Deutschland und Europa wieder vielfältig und aktiv, doch es bleibt von der Geschichte geprägt. Erinnerungskultur, Aufklärung und der Kampf gegen Antisemitismus gehören untrennbar dazu, um jüdisches Leben dauerhaft zu schützen und weiter wachsen zu lassen.